Die Arbeitsplatzunterweisung

Vorüberlegungen zur Arbeitsplatzunterweisung

Die allgemeine Vorbereitung ist durch die folgenden Schritte gekennzeichnet, welche sich  aus den folgenden Fragen ableiten lassen:

  1. Wozu soll gelernt werden?
    → Zunächst ist die Zielsetzung für die Arbeitsunterweisung festzulegen.
  2. Was soll gelernt werden?
    → Aus der Zielstellung heraus sind die Lerninhalte zu bestimmen.
  3. Wie und womit soll gelernt und gelehrt werden?
    → Aus der Grundlage der Ziele und Inhalte muss danach das methodische Vorgehen überlegt werden. Das heißt, wie sollen der Lehrende und der Lernende zusammenarbeiten, um die Ziele und Inhalte zu erreichen. Im methodischen Vorgehen kann auch der Einsatz von Lehr- und Lernmitteln oder Medien erfasst und geplant werden.
  4. Wo und wann soll gelernt werden?
    → Erst nachdem Ziele, Inhalte und methodisches Vorgehen festgelegt sind, sollen Fragen der Organisation aufgegriffen werden. Darin sind die Bereitstellung der notwendigen Arbeitsmittel und Hilfsmaterialien, die Festlegung der Arbeits- und Übungszeit sowie die Sicherung der Arbeitsumgebung einschließlich des Gesundheits- und Arbeitsschutzes enthalten.
  5. Wie soll kontrolliert werden?
    → Der letzte Planungsschritt ist die Überlegung, wie das Ergebnis der Übung ermittelt, eingeschätzt und bewertet werden soll. Weiterhin sind Festlegungen für eine mögliche Prüfung oder Zertifizierung zu treffen.

Bei der Arbeitsplatzunterweisung ist der Lernort bereits bestimmt. Damit ist zu erwarten, dass vorrangig Ziele erreicht werden sollen, die auch an diesem Lernort erreicht werden können. Gleiches trifft auf die Inhalte zu. Bei der Durchführung der Arbeitsplatzunterweisung kommt zweckmäßiger Weise die Vier-Stufen-Methode zur Anwendung, die im Folgenden kurz beschrieben wird:

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I. Vormachen

Vor der Übung werden dem Lernenden die Lernziele und Inhalte erläutert. Dabei sind dessen Vorkenntnisse zu berücksichtigen, um eine Über- oder Unterforderung zu vermeiden. Gleichzeitig ist auch die Form der Kontrolle oder der Bewertung mitzuteilen, so dass sich der Lernende darauf einstellen kann und nicht am Ende der Übung überrascht wird.
Die Übung beginnt mit dem Vormachen: zunächst wird dem Lernenden der gesamte zu erlernende Arbeitsgang einmal vollständig und im geforderten Tempo vorgemacht. Danach wird der gesamte Arbeitsgang in einzelne Teilschritte / Handlungen zerlegt und jeder einzelne Teilschritt langsam vorgemacht. Der Lernende wird aufgefordert, den Arbeitsgang genau zu beobachten und ggf. sofort Fragen zu stellen. Der Lehrende / Ausbilder / Meister / Beauftragte sollte darauf achten, dass jeder Arbeitsschritt zusätzlich erklärt und somit verbal unterstützt wird. Wichtig ist nicht nur, zu zeigen wie man es macht, sondern auch zu begründen warum man es so macht.
Nach dem mehrmaligen Vormachen soll der Lernende bereits ein Verständnis für den gesamten Arbeitsgang entwickelt haben, um mit Interesse und entsprechend motiviert, sich die geforderten Fertigkeiten selbst auch aneignen zu wollen.

II. Nachmachen

Unter Aufsicht und ständiger Kontrolle führt der Lernende den Arbeitsgang durch und achtet zunächst nur auf die einzelnen Arbeitsschritte. Der Lehrende greift nicht ein und korrigiert nur, wenn der Gesundheits- oder Arbeitsschutz es erforderlich machen. Er kritisiert nicht und bewertet nicht negativ. Anerkennung und Lob dagegen sind in dieser Phase durchaus förderlich für den Lern- und Aneignungsprozess. Nach dem Wiederholen von einzelnen, komplizierteren Arbeitsschritten sollte danach eine Erläuterung der einzelnen Handlungen vom Lernenden gefordert werden, weil durch die verbale Unterstützung während der Übung der individuelle Lernvorgang effektiver und das Behalten verbessert werden.

Abschließend sollten der Lernende und danach der Lehrende den Arbeitsgang noch einmal möglichst flüssig und vollständig wiederholen. Damit bekommt der Lernende vor der selbständigen Übung noch einmal den Maßstab hinsichtlich der geforderten Qualität und Quantität verdeutlicht, um sich selbst bestätigen und beweisen zu können.

III. Selbständiges Üben

Der Lernende übt weitgehend selbständig und erwirbt unmittelbar in der Tätigkeit am Arbeitsplatz die benötigten beruflichen Fertigkeiten. Er entwickelt ein Gefühl für das Arbeitstempo, gewinnt Sicherheit im Umgang mit den Arbeitsmitteln, erkennt eigene Schwachstellen und sucht zunehmend selbständig nach Möglichkeiten, die Arbeit rationeller und mit weniger Aufwand an körperlicher Beanspruchung zu gestalten. Der Lehrende muss bei gelegentlichen Kontrollen und Beobachtungen darauf achten, dass sich nicht grundlegende Fehler und Ungeschicklichkeiten beim Lernenden verfestigen, die später nur noch schwer zu korrigieren sind. Diese Phase der selbständigen Übung ist die bei weitem längste und sollte etwa 70 % der zur Verfügung stehenden Zeit in Anspruch nehmen, während für die anderen Phasen jeweils 10 % der Zeit für die gesamte Arbeitsplatzunterweisung geplant werden sollten.

IV. Gemeinsames Auswerten

Jede erbrachte Lernleistung sollte bewertet werden. Bei der Arbeitsplatzunterweisung steht die Herausbildung von beruflichen Fertigkeiten im Zentrum der Übung, so dass hierauf auch der Schwerpunkt der Auswertung liegen muss. Jede Auswertung besteht aus zwei Schritten, die deutlich voneinander getrennt werden müssen.

  • Zunächst wird möglichst genau das ermittelt, was zum Ziel für die Arbeitsplatzunterweisung erhoben wurde und worauf sich der Lernende bei seiner Übung konzentriert hat;
  • Erst danach wird das bewertet, was man vorher ermittelt hat.

Die Bewertung kann verbal erfolgen, schriftlich festgehalten oder auch mit Noten versehen werden. Im allgemeinen wird bei einer Arbeitsplatzunterweisung keine vorschnelle Bewertung vorgenommen. Die gemeinsame Auswertung hat aber einen hohen erzieherischen Wert und stärkt das Selbstbewusstsein des Lernenden bzw. gibt ihm Hilfestellungen für die Verbesserung seiner Leistungen. Gleichzeitig lernt er die Maßstäbe kennen, die an seine beruflichen Fertigkeiten gestellt werden. Auch für den Lehrenden bietet die gemeinsame Auswertung die Möglichkeit, sich selbst einzuschätzen und Anregungen für eine noch effektivere Arbeitsplatzunterweisung zu bekommen.

Nicht immer kann man die Übungen im realen Arbeitsprozess durchführen, deshalb müssen auch die Besonderheiten des jeweiligen Lern- und Arbeitsortes berücksichtigt werden. Die Übungen sind nur dann effektiv, wenn der Betreuer / Mentor oder Meister den Anzulernenden systematisch vom Einfachen zum Komplizierten, vom Leichten zum Schweren  und vom langsamen zum schnellen Arbeiten führt und dabei zunächst mehr auf die Qualität und noch nicht auf die Quantität Wert legt.