Ermittlung des Weiterbildungsbedarfs auf der Grundlage der Unternehmensstrategie

1. Die Notwendigkeit strategieorientierter Weiterbildungsbedarfsermittlung

Je knapper die Mittel sind, desto grösser ist die Neigung, auf eine Ermittlung des Lernbedarfs zur Weiterbildung der Mitarbeiter zu verzichten. Schliesslich kennt man seine Mitarbeiter und muss sich nicht von anderen und mit zusätzlichen Kosten sagen lassen, was geschult und trainiert werden muss. Diese oftmals anzutreffende Einstellung übersieht:
  • Weiterbildung, die nicht darauf gerichtet ist, Wissens- und Könnensdefizite strategie- und bedarfsorientiert zu beheben, ist Verschwendung von Zeit und Geld.
  • Je knapper Geldmittel und Zeit sind und je dringlicher die Behebung von Wissens- und Könnensdefiziten ist, desto notwendiger ist es, genau die Defizite zu lokalisieren und anzugehen, die den angestrebten Erfolg verhindern können.

Es kommt also nicht darauf an, irgendwelche Schwachpunkte herauszugreifen und Weiterbildungsmaßnahmen zu planen und zu realisieren, weil "was für die Mitarbeiter getan werden muss" (Schulung als modische Trendmaßnahme). Beruflich-betriebliche Weiterbildung kann und darf sich nicht nach Weiterbildungswünschen der Mitarbeiter richten. Jede beruflich-betriebliche Weiterbildung muss von Nutzen für das Unternehmen sein. Dann sind auch Zeit- und Mittelaufwendungen gerechtfertigt und vertretbar.

Das aber ist nur möglich, wenn der Weiterbildungsbedarf

  • mitarbeiterbezogen
  • aufgaben-/tätigkeitsbezogen
  • strategiebezogen

ermittelt und dadurch sichergestellt wird, dass die Mitarbeiter zum entscheidenden Zeitpunkt über das erforderliche Wissen, das Können und die Fertigkeiten verfügen, um bestimmte von ihnen zu bewältigende Aufgaben strategiegemäss zu erfüllen.

2. Die Unternehmensstrategie als Ausgangspunkt
2.1 Die Faktoren der Strategieentwicklung

Strategien sind keineswegs nur etwas für Grossunternehmen, die sich den Luxus, den Arbeitsaufwand, das qualifizierte Personal und die Kosten für diese "unproduktive" Arbeit leisten können. Viel Unwissenheit und viele Irrtümer stecken hinter dieser immer wieder zu hörenden Meinung. Strategieentwicklung gehört zu den selbstverständlichen Aufgaben des Unternehmers oder des Managements. Jeder, der selbständig ist oder verantwortlich für Unternehmen arbeitet, sollte sich und sein Unternehmen nach Strategien ausrichten.
Für unsere Aufgabe, den Weiterbildungsbedarf auf der Grundlage der Unternehmensstrategie zu ermitteln, ist die Kenntnis der Elemente einer Strategie und deren Aufbau unerlässliche Voraussetzung. Deshalb die folgenden Ausführungen.

Jede Strategie wird aus drei Grundfaktoren gebildet:

  • Die Ausgangslage: Das sind bei Unternehmensgründungen die Startbedingungen, bei laufenden Unternehmen in der Regel die Ergebnisse des letzten Wirtschaftsjahres.
  • Das Ziel: Das sind die unterschiedlichen Zielstellungen, die auf der Basis der Ausgangslage unter Berücksichtigung von wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, Marktentwicklungen, Umweltfaktoren, Zielerreichungen, finanziellen, technischen und personellen Ressourcen usw. gebildet werden.
  • Maßnahmen zur Zielerreichung: Das ist die Ableitung (Planung) der Maßnahmen, die dazu verhelfen sollen, die strategischen Ziele zu erreichen.

Vereinfacht formuliert ist die Unternehmensstrategie die von der Analyse der Ausgangslage ausgehende Definition der Unternehmensziele und die Planung der Maßnahmen zur Zielerreichung.

2.2 Zur Analyse der Ausgangslage

Jede Analyse der Ausgangslage wird sich auf drei Kernfragen konzentrieren:

    1. Sind die Ziele, die für das abgelaufene (oder ablaufende) Wirtschaftsjahr angestrebt wurden, erreicht worden oder nicht?
    2. Welches sind die Ursachen, die für eine Nichterreichung der Ziele verantwortlich sind?
    3. Welche Schlussfolgerungen sind aus den Entwicklungen der eigenen Produkte (des Unternehmens), des Marktes und des Wettbewerbs und aus erkennbaren Entwicklungstrends (wirtschaftspolitischen Rahmendaten) für die Zukunft ziehen?

      2.3 Zur Entwicklung von Unternehmenszielen

      Ziele sind Definitionen von Ergebnissen, die mittels bestimmter Maßnahmen erreicht werden sollen. Dabei stehen drei Fragen im Vordergrund: Was soll erreicht werden (Zielinhalt)?, Wann, bis wann soll was erreicht werden (zeitlicher Bezug)? und Wieviel soll erreicht werden (Zielausmass)?.
      Eine Zielformulierung unter Berücksichtigung dieser Anforderungen würde damit etwa wie folgt lauten: Beispiel: "Der Umsatz (Was?) unseres Unternehmens soll bis Ende des Jahres 2006 (Bis wann?) von 5 Mio. € um 10 Prozent auf 5,5 Mio. € (Wieviel?) gesteigert werden".

      Zusätzlich werden noch folgende Anforderungen an Zielstellungen erhoben:

      Ziele sollen:

      • realistisch (erreichbar, nicht überfordernd, nicht unterfordernd),
      • unmissverständlich (Klar, nicht interpretationsbedürftig),
      • messbar/nachprüfbar (möglichst quantifiziert oder operationalisiert),
      • konstant (der Orientierung dienend, deshalb nicht wechselnd),
      • vollständig (s. Anforderungen an Zielformulierung oben) und
      • identifikationsfähig sein (der Ebene entsprechen, die die Ziele erreichen und ihr Handeln danach ausrichten soll).

      Die letzte Anforderung verlangt, Unternehmensziele runterzubrechen. Dazu werden Unterstrategien mit Unterzielen entwickelt, deren Erreichung Voraussetzung zur Erreichung der Unternehmensziele ist. Das bedeutet zugleich, dass keine Unterstrategie und kein Unterziel im Widerspruch zur Unternehmensstrategie und ihren Zielen stehen darf (Vermeidung von Zielkonflikten). Daraus ergibt sich eine Zielhierarchie im Unternehmen, wie sie in der folgenden Grafik veranschaulicht wird.

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      (Ohne Anspruch auf Vollständigkeit.)

      Im Rahmen der Zielkontrolle ist zu prüfen, ob:

      • Die Ziele mit den Ressourcen des Unternehmens oder den zusätzlich eingeplanten Mitteln finanziert werden können,
      • Mit den vorhandenen Kräften (Anzahl, Wissen, Können?) erreichbar sind,
      • Mit den gesetzlichen Vorschriften und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen übereinstimmen,
      • Keine Zielkonflikte (Investitionen, Finanzmittel, Produktion, Mitarbeiter?) bestehen.

      2.4 Zur Maßnahmenplanung

      Viel zu oft wird spontan und aus dem Gefühl heraus an das Ergreifen bestimmter Maßnahmen gedacht, mit denen man eine vage Zielvorstellung erreichen will ("Wir werden Überstunden machen lassen, dann sparen wir Kosten", "Ich werde eine neue Maschine anschaffen, dann erreichen wir mehr Umsatz", "Wir werden die Mitarbeiter schulen, dann erreichen wir die Steigerung der Produktivität" usw.). Bei solchem Vorgehen ist das Ergebnis sehr vom Zufall bestimmt. Maßnahmen sollen aber mit grösstmöglicher Sicherheit zum Ziel führen. Um das zu erreichen, sind Maßnahmen von den Zielen abzuleiten.

      Strategische, d.h. zielorientierte Maßnahmenplanung, geht deshalb nach der folgenden Denkkette vor:



      Das Beispiel nimmt an, dass der Unternehmer oder die Geschäftsleitung des Unternehmens als Ziel beschlossen habe, den Gewinn zu steigern. Zur Zielerreichung sollen drei Wege beschritten werden (schraffierte Felder): 1. Umsatzsteigerung 2. Kostensenkung und 3. Preisanhebung. Als Maßnahmen zur Zielerreichung wurden die Entwicklung neuer Produkte, die Senkung der Fehlerquote und die Vergrösserung der Verkaufseinheiten bei gleichzeitiger Preisanhebung zur Steigerung der Gewinnmarge beschlossen.
      Nachdem wir die Elemente und den Aufbau einer Strategie, die Bildung von Zielen und die Ableitung von Maßnahmen zur Zielerreichung kennengelernt haben, soll uns dieses Beispiel jetzt für unsere Aufgabe dienen, den Lernbedarf auf der Basis der Unternehmensstrategie zu ermitteln.

      3. Die Ableitung von Weiterbildungsbedarfen aus strategischen Zielstellungen

      3.1 Methodik der Weiterbildungsbedarfsermittlung

      Die Methodik der Weiterbildungsbedarfsermittlung ist der Soll/Ist-Vergleich. Das SOLL ist der gewünschte/ angestrebte, erforderliche Wissens-, Könnens- und Fertigkeitenstand, der zur Erstellung einer Leistung und Erreichung eines bestimmten Ergebnisses vorhanden sein muss. Das IST ist der gegenwärtig angetroffene, vorhandene Wissens-, Könnens- und Fertigkeitenstand.
      Aus dem Vergleich von Soll und Ist können sich folgende Feststellungen ergeben:

      Übereinstimmung = Kein Weiterbildungsbedarf
      oder
      Positiv-Abweichung = Kein Weiterbildungsbedarf
      oder
      Negativ-Abweichung = wahrscheinlicher Weiterbildungsbedarf

      In allgemeiner Übereinkunft wird der Weiterbildungsbedarf als Negativ-Abweichung zwischen Soll und Ist definiert. Aber nicht jede Negativ-Differenz zeigt einen wirklichen Weiterbildungsbedarf auf (deshalb die Einschränkung "wahrscheinlicher" Weiterbildungsbedarf). Zwei Faktoren sind in diesem Zusammenhang zu beachten:

      (1) Die Leistungsmotivation
      (2) Das Vorhandensein mitarbeiterunabhängiger Problemlagen.

      (1) Leistungsmotivation
      Wissen und Können sind zwar vorhanden, aber die Leistung wird nicht erbracht. Die Ursache kann damit nicht im fehlenden Könnens- und Wissensbereich liegen. Möglicherweise liegt ein Motivationsproblem vor (z.B. innere Kündigung), das nicht durch fachliche Weiterbildung gelöst werden kann.

      (2) Mitarbeiterunabhängige Problemlagen
      Entsprechen Wissen und Können den Anforderungen und fehlt es auch nicht an der Leistungsmotivation müssen andere Faktoren ursächlich für das Nichterreichen der Ziele sein. Solche Fälle machen erfahrungsgemäss auf Defizite im Führungsbereich oder in der Arbeitsorganisation (Arbeitsplatzbeschaffenheit) aufmerksam, denen im Führungsbereich mit Bildungsmaßnahmen, im Organisationsbereich mit Änderungen der Arbeitsbedingungen begegnet werden kann. Aber auch andere Faktoren können eine Rolle spielen. Beispielsweise haben die politischen Restriktionen im Gesundheitswesen (Kostendämpfungsgesetz, Gesundheitsreformgesetz, Gesundheitsstrukturgesetz) zu gravierenden unmittelbaren Absatz- und Umsatzeinbussen und Produktionsrückgängen bei der Pharmaindustrie geführt. Solche und ähnliche Erscheinungen (Naturkatastrophen ð Gastronomie, Fremdenverkehrsgewerbe, Kursverfall ð Nachlassen der Inlandsnachfrage usw.) indizieren keine Bildungsmaßnahmen, aber sehr wohl anderes unternehmerisches Handeln. Erst dieses kann zum Weiterbildungsbedarf führen.

      3.2 Ermittlung von Soll-Anforderungen aus der Strategie

      Soll-Anforderungen im Hinblick auf Weiterbildungsbedarfe werden nirgendwo in einer Unternehmensstrategie definiert. Sie müssen aus der Zielstellung und den zur Zielerreichung vorgesehenen Maßnahmen erschlossen werden. Dabei kommt der Frage

      "Was muss der Mitarbeiter wissen und welche Fertigkeiten muss er besitzen, damit er die geplanten Maßnahmen strategiegemäss und anforderungsgerecht ausführen kann und den angestrebten Erfolg erzielt?"

      zentrale Bedeutung zu. Um diese Kernfrage für die unterschiedlichen Aspekte in einer Maßnahmenplanung beantworten zu können, gibt es keine spezielle Methode. Bewährt hat sich die Anwendung des Konditionalprinzips "Wenn - dann...".
      • Wenn der Mitarbeiter fehlerfrei arbeiten soll, dann muss er genaue Arbeitsanweisungen haben und in deren Anwendung gewissenhaft unterwiesen worden sein.
      Daraus ergibt sich als Soll: Arbeitsanweisung + Unterweisung.

      In gedanklicher Anwendung des Konditionalprinzips wenden wir uns unserem Strategie-beispiel zu und hinterfragen.

      3.2.1 Hinterfragung: Maßnahmenplanung Innovation



      3.2.2 Hinterfragung: Maßnahmenplanung Fehlerquote senken


      Ohne umfassende Analyse der Produktionsweisen, Arbeitsabläufe, Arbeitsorganisation, des Führungsverhaltens und der Mitarbeitermotivation können Soll-Forderungen nicht formuliert werden. Im Allgemeinen sollte davon ausgegangen werden können, dass die Senkung von Fehlerquoten eine selbstverständliche Aufgabe von Führung und Mitarbeitern ist. Das theoretische Ziel müsste lauten: 0-Fehler. Wird - wie in diesem Beispiel - die Senkung der Fehlerquote zur strategischen Maßnahme erhoben, ist zu vermuten, dass tieferliegende Faktoren für die Problematik verantwortlich und diese dem Management möglicherweise selbst nicht bekannt sind.
      In diesem Zusammenhang ist an den Ursachenpluralismus zu erinnern, der in solchen Fällen meist vorhanden ist. Seine einfache Darstellung macht Untersuchungsansätze deutlich:

      3.2.3 Hinterfragung: Maßnahmenplanung Mehr Mengen + grössere Marge



      Ein möglicher Weiterbildungsbedarf liegt wahrscheinlich bei dieser Ziel- und Maßnahmenplanung nur im Bereich der Schulung und des Trainings von Verkaufsmitarbeitern vor. Es ist zu prüfen, ob u.U. auch Telefonmarketing zur Aktionsförderung sinnvoll ist und sich auch in diesem Bereich (Verkaufsinnendienst) Weiterbildungsbedarf zeigen könnte.

      3.2.4 Zusammenhänge erkennen
      Die mit Hilfe des Hinterfragens mit dem gedanklichen Hintergrund des Konditionalprinzips deckt nur auf, wo u.U. Weiterbildungsbedarf liegen könnte. Die gefundenen Anforderungen (Soll) in den Tabellen haben deshalb für sich nur arbeitshypothetischen Charakter. Sie leisten als Soll-Vorgaben für die Ermittlung des Weiterbildungsbedarfs (Soll/ Ist-Differenz) indes wertvolle Dienste und bauen Brücken zum Erkennen von Zusammenhängen.
      Indem wir beispielsweise "Zeitdruck" als möglicherweise verursachenden Faktor für hohe Fehlerquoten erkannt haben, aber ebenso "mangelhafte Unterweisung", "Führungsverhalten", "Leistungsmotivation", "Arbeitsplanung" u.a. Faktoren in diesem Zusammenhang sehen, werden Wechselbeziehungen deutlich, die einen ganzen Komplex konturieren.
      Das gestattet es zugleich, auch noch andere, vielleicht bisher nicht erkannte Faktoren mit ins Spiel zu bringen, wie z.B.
      • Mengenauflagen in der Kommissionierung,
      • unpünktliche Anlieferung der Kommissionierungsware,
      • Überstunden u.a.,
      worauf dann bei der Ist-Erhebung ebenfalls zu achten wäre.

      4. Ist-Erhebung zur Ermittlung des Lernbedarfs

      4.1 Methoden zur Durchführung der Ist-Erhebung

      Bei der meist komplexen Problematik ist die Anwendung verschiedener, sich ergänzender Methoden bei der Ist-Erhebung angezeigt. Eine, d i e Methode gibt es nicht. Bewährt haben sich die folgenden Methoden:

      4.1.1 Die Exploration
      Die Exploration ist eine besondere Befragungsmethode zur Erforschung von Hintergründen, Meinungsbildern, Erlebnissen. Eindrücken und hat sich bei Lernbedarfserhebungen sehr bewährt.
      Sie besteht in der direkten Befragung anhand eines Leitfadens (kein Fragebogen). Bei der Exploration werden Fragen zu bestimmten Vorkommnissen, Ereignissen, Lehrgängen, Arbeitsleistungen, Wissen, Anwendungsschwierigkeiten, Einstellungen usw. gestellt. Durch Nachfragen wird vertieft und so ein umfassendes Bild erhoben.
      Der besondere Vorteil ist dabei, dass der Fragende auf die Antworten des Befragten eingeht (was bei einer Befragung anhand eines Fragebogens nicht der Fall ist). So entwickelt sich ein zwangloses Gespräch, bei dem der Befragte oftmals gar nicht erkennt, worauf es dem Fragenden ankommt.
      Dabei werden wichtige Antworten oder genannte Begriffe wörtlich notiert und später bei der Analyse der Erhebungsbefunde mit anderen Antworten verglichen.
      Nachteil: Explorationen nehmen viel Zeit in Anspruch und sollten immer in einer ruhigen Atmosphäre durchgeführt werden. Der Arbeitsplatz oder kurze Arbeitspausen sind dafür nicht geeignet.
      Vorteil: Gewinnen tiefgründiger Informationen, wirklicher Meinungen, Stimmungen, Motivationen und Einstellungen.

      4.1.2 Die Befragung
      Auch die Befragung anhand eines Fragebogens sollte möglichst persönlich durchgeführt werden. Schriftlich durchgeführte Befragungen haben den Nachteil, dass durch Nichtverstehen Fragen unbeantwortet bleiben und erfahrungsgemäss ein Grossteil der Fragebogen überhaupt nicht zurückgesandt wird.
      Von grossem Einfluss auf die Antworten ist die Art der Fragestellung. Deshalb ist viel Sorgfalt auf die Ausarbeitung anzuwenden. Es empfiehlt sich unbedingt, Probeinterviews durchzuführen, um festzustellen, dass Antworten gegeben werden, die wirklich weiterhelfen.
      Nachteil: Der Fragenumfang darf nicht zu gross sein. Daher begrenzte Informationen.
      Vorteil: Weniger zeitaufwendig. Auswertung durch EDV erleichtert.

      4.1.3 Die teilnehmende Beobachtung
      Damit ist die persönliche Teilnahme (nicht nachträgliche Information) an z.B. Arbeitsbesprechungen, Schulungsmaßnahmen, Arbeitsprozessen gemeint. Der Beobachter hält sich dabei völlig zurück und unterbricht den Verlauf auch nicht mit Fragen zum Verständnis. Er kann (muss nicht) sich Notizen machen und später ergänzende Fragen stellen. Der Beobachter sollte auf jeden Fall von Anfang bis Ende einer Maßnahme anwesend sein.
      Nachteil: Zeitaufwendig, u.U. Angstreaktionen der Beobachteten, Zurückhaltung.
      Vorteil: Unmittelbare Feststellungen (Stimmungen, Konfliktgeschehen, Zusammenarbeit, Verkaufsgesprächsführung, Führungsverhalten).

      4.1.4. Weitere Methoden
      • Inhaltsanalysen von Rundschreiben, Einsatz-/Arbeitsplänen, Schulungsunterlagen, Arbeitsberichten, Konferenzprotokollen u.ä.
      • Abgleichungen mit Soll-Profilen (Funktionsbeschreibungen, Anforderungsprofilen, Curricula u.ä.).
      • Überprüfungen, welche Schulungs- und Trainingsmaßnahmen den Mitarbeitern und mit welchem Erfolg zuteil geworden sind (Was wurde vermittelt?, was ist "hängen geblieben"?, was wird angewendet?)
      • Auswertungen von Leistungsdaten/-statistiken wie z.B. Produktionsberichten, Tagesberichten, Tätigkeitenlisten, Arbeitstagen, Fehltagen, Lieferplänen (Fuhrpark).

      4.2 Auswahl der zu Befragenden

      Von erheblicher Bedeutung ist die Auswahl der zu befragenden Mitarbeiter im Unternehmen. Die Befragung aller Mitarbeiter in einem Unternehmen verbietet sich meist aus Zeit- und Kostengründen. Damit kommt praktisch nur eine Stichprobenauswahl in Betracht.
      Dabei stellt sich die Frage nach der Grösse der Stichprobe und den Auswahlkriterien. Ein Vorgehen wie in der Markt- und Meinungsforschung, ein statistisches Sample nach einer hinzunehmenden Fehlertoleranz (+/- 5 % o.ä.) zu bilden, hat wenig Sinn. Auch Aus-wahlverfahren wie z.B. jeden 3. oder 5. Mitarbeiter herauszusuchen oder nach dem Alphabet vorzugehen, ist nicht sinnvoll.

      Als zweckmässig haben sich folgende Vorgehensweisen herausgestellt:

      1. Sach-, arbeits-, aufgabenrelevante Gruppen bilden,

      also z.B. Maurer, Zimmerer oder Klempner, aber nicht alle am Bau Beteiligten. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass nicht unterschiedliche Aufgabenbezüge vermengt werden. Zudem ist es dadurch leichter möglich, aufgaben- und gruppenspezifische Problemlagen und auch Differenzierungen zwischen den Gruppen zu erkennen.

      2. Leistungsquerschnitte erfassen

      Es ist nicht ratsam, nur die angeblich "Schlechten" herauszupicken und schon gar nicht, sich nur "die Besten" präsentieren zu lassen. Das würde zu Fehlschlüssen führen, die sich auf alle Bildungsmaßnahmen nachteilig auswirken.

      3. Altersgruppen

      Wenn weitere Gruppenbildungen noch sinnvoll sind, ist die Unterscheidung nach dem Lebensalter nützlich. Dazu bieten sich Gruppenbildungen an wie z.B. "bis unter 35 Jahre", "35 bis unter 45 Jahre" und "über 45 Jahre".

      4. Betriebszugehörigkeit

      Vor dem Hintergrund, dass sich mit dem Laufe der Jahre bestimmte Verhaltensweisen verfestigen und zur Routine werden, Energie und Engagement nachlassen können, spielt die Dauer der Betriebszugehörigkeit eine erhebliche leistungsbestimmende Rolle. Sie sollte deshalb als zusätzliches Kriterium herangezogen werden.

      Nicht zuletzt sollte daran gedacht werden, für Rückkopplungen bei den Führungskräften (Vorarbeiter, Meister, Abteilungsleiter usw.) zu sorgen, und zwar auch dann, wenn keine direkten Führungsprobleme zu untersuchen sind. Weil die Art der Führung bekanntlich von erheblichem Einfluss auf Leistungsmotivation, Einsatzfreude, Aufgabenverständnis und Können ist, sollten Mitarbeiter immer auch mit Blick auf die Führung und Führungskräfte mit Blick auf die Mitarbeiter in Erhebungen zum Weiterbildungsbedarf einbezogen werden.